Ausstellung „Farben & Meer“: Die Leuchtkraft der Tempera

Ursula Häckell zeigt Bilder aus einem Jahrzehnt

Die Temperafarbe ist Ursula Häckells Markenzeichen. „Diese Farbe entwickelt eine unvergleichliche Leuchtkraft und Tiefe“, weiß die gebürtige Hessin. Inspiriert vom nahen Meer in ihrer Wahlheimat Norddeutschland, nutzt die Künstlerin die Besonderheit der Eitempera, um die Stimmung des Meeres und das Licht der offenen Landschaft einzufangen. Rund 40 Werke aus einem Zeitraum von zehn Jahren stellt die Künstlerin in ihrer Ausstellung „Farben & Meer“, vom 1. Oktober bis 5. November 2017, im Hohhaus Museum in Lauterbach vor.

Die Temperafarben mischt Häckell selbst, aus Ei, in Terpentin gelöstem Dammarharz, Leinöl und Pigmenten. „Manchmal fühle ich mich wie in einer Hexenküche“, sagt sie. Es reizt die Künstlerin, immer wieder zu experimentieren. Denn wie das Resultat am Ende aussehen wird, kann man nie genau wissen. Weil Temperafarben sehr langsam trocknen, eignen sie sich bestens für übereinanderliegende Farbschichten. Trägt man auf eine bestehende Schicht frische Farbe auf, löst diese die erstere leicht an. Die Schichten verbinden sich und erzeugen so eine intensive, tiefe Farbe mit einem speziellen Glanz. Etwa drei bis vier Monate muss ein Bild mit zwanzig übereinanderliegenden Farbschichten trocknen. „Dann sieht man den besonderen Effekt“, erklärt die Malerin, „der zeigt sich auch in dem Licht von Werken alter Meister, wie Rembrandt oder van Gogh.“

Licht und Schatten ziehen sich thematisch durch alle Werke Häckells. Sowohl technisch als auch im übertragenen Sinne. „Je nach Lebenssituation spielt das Licht eine besondere Rolle“, weiß die hauptberufliche Pädagogin. Sie selbst nutzt die Malerei als Gegenpol zum beruflichen Alltag. „Denn Kunst gibt Freude durch Licht, Farbe und dadurch, dass sie etwas ganz Individuelles ist.“

Dass die Wahlbremerin nun mit „Farbe & Meer“ in der Nachbarschaft zu ihrer früheren Heimatstadt Schlitz ausstellt, freut sie. „Die Idee, hier auszustellen, kam von meinem Bruder“, erzählt Häckell. Als sie sich daraufhin mit einer Auswahl an Bildern bei Gisela Maria Wittmer und Hiltrud Pfnorr-Leihner vom Hohhaus-Museum Lauterbach e.V. vorstellte, einigte man sich schnell auf einen Ausstellungstermin. Unter den Exponaten mit Formaten von 20 x 20 cm bis zu 120 x 100 cm, wird auch Häckells erstes Bild zu sehen sein. Es entstand während eines Aufenthalts auf der Nordseeinsel Spiekeroog und bezeichnet den Beginn Häckells künstlerischer Laufbahn. Die jüngste Arbeit trocknet derzeit und soll ebenfalls mit nach Lauterbach: In ihr finden sich die warmen Farben der Küste Floridas wieder

Ursula Häckell wurde am 22.03.1956 geboren. Mit 17 Jahren verließ sie ihre Geburtsstadt Schlitz, machte ein Ausbildung zur Erzieherin in Darmstadt und arbeitete anschließend in Gießen. 1984 zog sie mit ihrem Mann nach Bremen. 2007 sattelte Häckell von ihrem Hobby, der Musik, zur Malerei um. Seit zehn Jahren verfolgt sie diese Leidenschaft mit Ehrgeiz. Ihr Fokus liegt auf der Temperafarbe. Doch auch Drucke sowie Bilder in einer uralten Wachsmal-Technik, der so genannten „Enkaustik“, zählen zu ihren Werken. Erfolgreiche Ausstellungen in Bremen, Berlin und Mailand bestätigen die hohe Qualität ihrer Arbeit.

Die Vernissage von „Farben & Meer“ beginnt am Sonntag, 01.10.17, um 11.15 Uhr. Für das musikalische Rahmenprogramm sorgt das Duo „Kilix“ mit Felix Kästner (Gitarre) und Kim Kaczmark (Gesang). Zur Begrüßung sprechen Gisela Maria Wittmer und Helga Trabes.

Adresse: Hohhaus Museum; Eisenbacher Tor 1-3, 36341 Lauterbach

Öffnungszeiten vom 01. Oktober bis 05. November 2017
Dienstag bis Freitag sowie am Sonntag von 10 bis 12 Uhr und
Dienstag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr, montags geschlossen

Ansprechpartner:
Hohhaus-Museum Lauterbach e.V.:
Gisela Maria Wittmer, Hiltrud Pfnorr-Leihner
Telefon: 06641-2402
E-Mail: info@hohaus.de

Künstlerin
Ursula Häckell
Telefon: 0421-35 36 13
E-Mail: kontakt@ursula-haeckell.de

Experiment mit Pigment

„Mein Kunst-Stück" mit Ursula Häckell und ihrer Werkreihe „Durchblick"

Von llka Langkowski

„Durchblick" heißt die Werkreihe, aus der Ursula Häckell ein Bild in unserer Serie „Mein Kunst-Stück" vorstellt. 1,23 Meter mal 82 Zentimeter misst das Kunstwerk, gemalt in Temperafarben. Die sogenannte „Eitempera" ist Häckells besondere Passion.

Namen gibt Ursula Häckell ihren Bildern nicht. Aber jedes bekommt eine Nummer und gehört zu einem Thema. So auch das vorgestellte Werk. Häckells Reihe „Durchblick" verweist direkt auf ihre Maltechnik und auf die von der Künstlerin verwendete Eitempera. Diese Farbe nutzten schon Alte Meister wie Rembrandt oder van Gogh." Die Bremerin mischt alle Farben selbst. Sie entstehen aus Ei, in Terpentin gelöstem Dammarharz, Leinöl und Pigmenten. „Das Ei gammelt dabei nicht", sagt die Künstlerin. Da könne man sich auf die alten Rezepte verlassen.

Tempera ist ideal für das Malen mit übereinanderlie­genden Farbschichten. Etwa zwölf Wochen und reichlich Geduld braucht es, bis die Ei­tempera durchgetrocknet ist. Trägt man auf bestehende Schichten frische Farbe auf, löst sich die untere leicht an. So entsteht eine tiefe Leuchtkraft. „Bei den alten Meistern sieht man dieses besondere Licht", sagt die Malerin. „Gerade für dunkle Farben ist das interessant." In ihren Bildern beschäftigt sich Häckell eben­falls intensiv mit Licht und Schatten - sowohl technisch als auch im übertragenen Sinne. Je nach Lebenssituation spiele das Licht eine besondere Rolle. In dunklen Zeiten sei man froh, wenn man irgendwo ein Licht entdecke. Manchmal offenbare es sich aber nicht auf den ersten Blick. Auch in ihren Bildern ist vieles verdeckt, doch gerade das Durchscheinende weckt beim Betrachter das In­teresse.

Auf die Kunst ist Häckell vor knapp zehn Jahren durch einen Zufall gekommen. Während eines Urlaubs auf der Nordseeinsel Spiekeroog be­suchte sie im dortigen „Künstlerhaus" einen Schnupper-Malkurs mit Ei­tempera. „Ich habe mich im Umgang mit dieser Farbe auf Anhieb wohlgefühlt", sagt sie. Nach zwei Tagen hatte sie sehenswerte Ergebnisse, die sich bereits hätten verkaufen lassen. „Eitempera ist einfach meine Heimat", stellt die hauptberufliche Pädagogin fest. Sie suchte sich ein Atelier und begann, mit den Farben zu experimentieren. Um einen Farbton für Nacharbeiten wiederherstellen zu können, macht sich die Künstlerin zwar Notizen, dennoch bleibt es jedes Mal eine Annäherung. „Es hat etwas von einer Hexenküche."

Seit Häckell ihre Leidenschaft für Tempera entdeckt hat, ruhen die alten Hobbys wie Gesang und Musik. Für alles bleibe neben dem Beruf nicht genügend Zeit. Die freie Zeit reiche nicht, um sich hinreichend um Ausstellungen und die Vermarktung der Bilder zu kümmern.

Ob wir Kunst brauchen? „Kunst ist etwas ganz Einma­liges, Persönliches. Sie gibt Freude durch Farbe, Licht und etwas ganz Individuellem." Häckell selbst malt, weil es sie glücklich macht: „Es ist mein privater Luxus und Ausgleich." Zu den Künstlern, die für sie besonders bedeutend sind, zählen der amerikanische Maler Mark Rothko (1903 bis 1979) und der Niederländer Rembrandt (1606 bis 1669). Rothkos Farbfelder und die Zentriertheit seiner Farben be­eindrucken Häckell ebenso, wie Rembrandt als ein „Meister des Lichts".

Wenn die Malerin jemandem ein Bild als Botschaft schicken sollte, dann wäre es an die Galeristen adressiert, um zu zeigen, dass man auch als Laie Bilder machen kann, die gut und interessant sind.

Ursula Häckell zeigt neue Wege auf

Findorfferin stellt ihre Eitempera-Gemälde im Atelierhof Alexanderstraße aus/ Finissage am Freitag

Von Silja Weisser

„Die ganze Vielfalt, der ganze Reiz, die ganze Schönheit des Lebens besteht aus Schatten und Licht", stellt Leo Tolstoi in seinem Roman Anna Karenina fest. Die Bilder von Ursula Häckell bestätgen es: „Lichtbilder" betitelt die Findorffer Künstlerin ihre kleine, absolut sehenswerte Schau im Atelierhof Alexanderstraße.

Ein Strahl aus der Dunkelheit, Sonne, die sich über dem Meer spiegelt, Winterlicht, Frühlingsleuchten, Kontraste - für Häckell sind es die kleinen Momente und Ruhepausen, die sie groß rausbringt. Oberflächlich betrachtet geht es um das physikalische Phänomen unterschiedlicher Helligkeiten. Doch in Häckells Bildern geht es um mehr, um das Licht, das Leben und dessen Entwicklung, um Wahrheit und Entfaltung, um Erleuchtung und Transparenz.

Farbbahnen kreuzen sich und ergeben rechteckige und quadratische Formen. Sie schimmern in zerfließenden Tönen, Überschneidungen erzeugen neue Schattierungen. Diese Effekte erzeugt Ursula Häckell, indem sie ausschließlich Eitemperafarben verwendet, eine Technik, die traditionell zum Malen von Ikonen und als Untermalung von Ölbildern in Lasurtechnik verwendet wird. Das Gemisch aus Eigelb, Leinöl und Dammarharz wird in Terpentinöl aufgelöst - eine geruchsintensive Arbeit und der Grund, warum Häckell in Schwachhausen in einer Ateliergemeinschaft malt und nicht bei sich zu Hause in Findorff.

Schicht-Arbeit

Eitemperafarben trocknen schneller als Ölfarben, bleiben aber im Gegensatz zu Acryl auf der Oberfläche weich. Das gibt Ursula Häckell Spielraum für Veränderungen. Immer wieder überzieht sie den Grund mit neuen Farben, fährt mit Rollen, Kämmen, Spachteln und Schwämmen über das Bild. Schicht für Schicht.

Bis zu 20 Lagen entstehen auf diese Weise innerhalb drei, vier Monaten. Wann ihre Schicht- Arbeit ein Ende hat und sie das endgültige Ergebnis erreicht hat, weiß sie immer ganz genau. „Nirgendwo bin ich so mutig für Neuanfänge und nirgendwo so konsequent wie in der Kunst", beschreibt die Künstlerin den Arbeitsprozess. Hemmungslose Experimentierfreude bezeugen collagiertes Blattgold und Bonbonpapier.

Sicher, immer wieder koste es Überwindung, über das Bild zu gehen, Geschaffenes zu zerstören und etwas Neues entstehen zu lassen, verrät Ursula Häckell. Doch genau darum geht es ihr: Sie will neue Wege aufzeigen, Durchgang und Durchblick verschaffen.

Auf Spiekeroog fing alles an

Muten ihre dunklen Arbeiten für manch einen vielleicht wie düstere Kirchenfenster an, für die Malerin bedeuten sie das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels, einen neuen Weg in eine positive Richtung. Oftmals entstehen bei der Arbeit auch Serien. Kleine 20 mal 20 Zentimeter messende Bilder ergänzen ein großformatiges Werk. „Hier probiere ich aus und ergänze ", sagt die Künstlerin.

Ausprobiert hat sich Häckell, die als stellvertretende Leiterin in einer heilpädagogischen Einrichtung für betreutes Wohnen tätig ist, im Jahr 2008. Damals besuchte sie einen Eitemperakursus auf Spiekeroog. Zwei mal drei Stunden. Mehr Vorbildung habe sie nicht, meint die 55-Jährige und lacht.

Und Grund zum Lachen hat sie. Mit der Schau im Atelierhof Alexanderstraße präsentiert sie ihre Bilder erstmals in einer Einzelausstellung der Öffentlichkeit, und bereits nach fünf Tagen markieren zahlreiche rote Punkte, dass viele Arbeiten bereits ihre Liebhaber gefunden haben. „Als Kind wollte ich Grafikerin werden", erinnert sich Ursula Häckell. „Meine Eltern fanden, dass das eine brotlose Kunst ist."

Die nebenberufliche Künstlerin schlägt aber vor allem einen Profit aus ihrer Malerei: Ruhe und einen Ausgleich zum Job. Wer selbiges sucht, sollte die Ausstellung auf gar keinen Fall verpassen.

Weserkurier: Montag, 17. Oktober 2011, Stadtteil-Kurier

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